Bipolare Störungen sind trotz ihrer weiten Verbreitung häufig noch ein Tabuthema

Es sei ein Hin und Her zwischen Höhen und Tiefen, so der 38-Jährige. In seinem Fall schnell wechselnd, in der Fachsprache als „Rapid-Cycling-Typ“ beschrieben. Trotz der weiten Verbreitung mit etwa 2 %-Prävalenz in der Bevölkerung des Krankheitsbildes sei es noch immer ein Tabuthema in der Gesellschaft, sagt der Psychologische Berater, der seit 2006 betroffen ist, aber bereits zuvor erste manische Phasen erlebt hatte. „Im Gegensatz zur Depression, bei der die Stimmungslage gedrückt ist, kann sich die Berg- und Talfahrt einer Bipolaren Störung kaum jemand vorstellen, der nicht selbst daran leidet“, erklärt sich Riehle die Distanz und Unkenntnis der Öffentlichkeit. „Und selbst bei Fachpersonen erlebt ich Zurückhaltung, nicht zuletzt deshalb, weil die Optionen an Therapie und Behandlung zwar vielfältig, aber eben komplex sind“. Der Journalist will mit seiner Geschichte auf die Erkrankung aufmerksam machen: „Zahlreiche Prominente der Historie waren bipolar. Und gerade aufgrund ihres Störungsbildes haben sie teilweise Enormes geschaffen. Ich kann mich gut erinnern, wie es bei mir anfing. Es war ein Erdbeben in Asien, das im Blick aus heutiger Perspektive der Beginn einer Krankheit war, die weder ich, noch meine Bezugspersonen früh genug erkannt hatten. Ich war ein noch junger Mensch, kurz vor dem Abitur, hatte zwar Geld gespart, war aber keinesfalls derart reich, dass ich mit den Scheinen nur so hätte um mich werfen können. Kannst du bitte diese Überweisung mitnehmen?, bat ich meinen Vater eines Tages, nachdem die Spendenaufrufe über das Fernsehen verbreitet wurden. 50 Euro? Bist du dir wirklich sicher?, fragte er mich. Ja, ich muss doch helfen, entgegnete ich ihm. Und noch ahnte er nicht, dass das der Anfang von Tausenden von Euros sein könnte, die in den nächsten Jahren an unzählige gemeinnützige Zwecke gingen. Das Hochwasser in Deutschland, die Waldbrände in Südeuropa, die Opfer des Krieges im Irak, die Obdachlosen nach den Überschwemmungen in Indonesien und die Hungertoten von Afrika waren nur einige ausgewählte Beispiele, für die ich fortan über diverse Hilfsorganisationen spendete. Wenige Stunden, nachdem ich eine Überweisung ausgefüllt hatte, zog ich mich in mein Zimmer zurück. Was hast du da eigentlich getan?!, murmelte ich vor mich hin. Und ich sah mir mein Sparbuch an, auf dem es gar nicht so üppig aussah, wie ich immer dachte. Und dann kam da ja auch noch das Studium, das Geld kosten würde. Ich legte mich auf mein Bett, zog die Decke bis weit nach oben. Irgendwie kreisten die Gedanken um Nichts, so empfand ich es zumindest. Emotional ärgerte ich mich zwar kurz über mich selbst, aber dann verlor ich mich wieder in einer Leere, in der gefühlsmäßig null in mir stattfand. Nach knapp drei Stunden kam meine Mutter besorgt zu mir. Was ist denn los, warum schläfst du um diese Zeit?. Ja, seitdem ich Medikamente für meine Zwangserkrankung genommen hatte, die schon seit Jahren diagnostiziert war, prägte sich die Müdigkeit bei mir aus. Doch das war es in diesem Fall nicht. Dass eine kurze, depressive Phase dahinter stehen könnte, das konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht ermessen“. Mehr lesen

Behinderteninitiative verzeichnet mehr Beschwerden über Zustände in Pflegeheimen und den Psychiatrien

Diese Feststellung unterstreicht der Leiter des ehrenamtlichen Angebots, Dennis Riehle, den allein in den vergangenen drei Monaten 27 Nachrichten von Betroffenen und Angehörigen erreichten, die sich nach Möglichkeiten erkundigten, gegen Missstände entsprechend vorzugehen und passende Aufsichtsbehörden einzuschalten: „Oftmals geht es um Bevormundung der behinderten Menschen, denen soziale Leistungen oder pflegerische Betreuung verwehrt oder nur in unzureichender Weise zur Verfügung gestellt werden. Aber auch das Thema der Zwangsmedikation taucht immer wieder auf und beschäftigt uns gerade im Blick auf manch eine psychiatrische Klinik sehr. Die Bedürfnisse und Interessen dieser Personen werden oftmals völlig vernachlässigt. Und nicht zuletzt gibt es immer wieder Grund, von einer strukturellen Diskriminierung zu sprechen – gerade dann, wenn zum Beispiel keinerlei Anstrengung unternommen wird, die Patienten zu fördern. Nicht selten kommt die Unterbringung in einer stationären Einrichtung dann einer Verwahrung gleich. Ruhigstellung und möglichst wenig Aufwand mit ihrer Versorgung sind dabei inbegriffen“. Mehr lesen