Behinderte Menschen benötigen mehr Möglichkeiten für ihre informelle Beteiligung

„Wir haben mit den Behindertenräten, Beauftragten und Fürsprechern bereits wichtige Instrumente der Repräsentanz von behindertenpolitischen Interessen, doch es benötigt darüber hinaus weiteren Raum, um über ethische, moralische und gesellschaftliche Fragestellungen und Entwicklungen innerhalb und außerhalb der Community diskutieren und zumindest informelle Entschlüsse, Apelle und Forderungen beschließen zu können“, zeigt sich der 37-jährige Coach vom Bodensee überzeugt. „Es ist gut, dass wir an vielen Stellen bereits mit beratender Stimme angehört werden und politische Beteiligung üben können. Allerdings sind die Probleme in Sachen Inklusion und Teilhabe weiterhin so groß, dass es auch außerhalb der starren Strukturen weitere Gelegenheit zur Konsensfindung und demokratischer Debatte unter behinderten Menschen, aber auch im Dialog mit jenen ohne Handicap, geben sollte. Die in vielen Ländern und Kommunen den Behindertenbeauftragten beigeordneten Beiräte sind hierfür eine Option, es könne laut Riehle aber auch weniger förmlich sein: „Ich merke ja in meiner Arbeit, dass wir auch im Kreise der Behinderten immer wieder Gesprächsbedarf haben, um zu einhelligen Positionen kommen zu können oder uns zumindest argumentativ auseinanderzusetzen. Es sind daher Konzepte gefragt, die Verbindlichkeit schaffen und gleichzeitig Freiräume zum demokratischen Diskurs lassen. Denn jede Entscheidung, die am Ende an die Politik und in die legislativen und exekutiven Beschlussinstanzen eingebracht wird, bedarf der Vorbereitung und entsprechender Vorlaufzeit, um auch untereinander zunächst abgestimmt zu werden“. Mehr lesen

Behindertenfeindlichkeit bleibt auch in Deutschland noch ein Thema

„Letztendlich geht es vor allem um herabwürdigende und verunglimpfende Kommentare gegenüber Personen mit körperlicher, geistiger oder psychischer Behinderung, aber auch um mehr oder weniger offensichtliche Stigmatisierung am Arbeitsplatz und Benachteiligung in der Teilhabe an Bildung, sozialem Dasein und im Gesundheitswesen“, erläutert der 37-Jährige und ergänzt hierzu: „Nicht immer sind denjenigen, die sich abwertend äußern oder verhalten, die Tragweite und die Auswirkung ihres Denken und Tuns hinreichend bewusst. Viel eher erfolgen die Ausgrenzungen häufig unbedacht und im Affekt, was sie in ihrer Dramatik aber keinesfalls schmälert – im Gegenteil. Betroffene schildern immer wieder, dass das Gegenüber seine latenten Vourteile selbst überhaupt nicht wahrnimmt und sich häufig damit rechtfertigt, lediglich im Spaß agiert zu haben. Das macht die Sache für die behinderten Menschen aber oftmals noch sehr viel schlimmer, weil damit eine eindeutige Herabwürdigung ins Lächerliche gezogen wird“, so Dennis Riehle, der selbst aufgrund seiner Behinderung Diskriminierung erfahren hat. Mehr lesen

„Das Durcheinander bei der Eingliederungshilfe verhindert sachgerechte Teilhabe!“

„Es geht einerseits um die zahlreichen Leistungs- und Kostenträger, die für Integrationsleistungen in Betracht kommen können. Andererseits aber auch um die einzelnen Möglichkeiten der Unterstützung selbst. Denn die Eingliederungshilfe ist eine nachrangige und damit oftmals zwischen den einzelnen Behörden hin- und hergeschobene Leistung, deren Anspruchsvoraussetzung zwar ziemlich klar ist, die Zuständigkeit aber nicht selten im Unklaren bleibt“, erklärt der 37-Jährige und nennt als Beispiel die häufigen Verweise an Betroffene: „Selbst beim Sachbearbeiter hat man immer wieder den Eindruck, als würden er sich nicht sicher sein, wer denn nun für den jeweiligen Fall verantwortlich ist. Im Zweifel schicken sie die Antragssteller dann einfach weiter zum nächsten Amt. Da gehen wertvolle Wochen und Monate verloren und die Möglichkeit auf Partizipation wird unnötig verschleppt“. Mehr lesen

Bürgergeld-Empfänger mit einer Behinderung müssen von Sanktionen weitgehend ausgenommen werden

Dennis Riehle erklärt entsprechend: „Schlussendlich ist das ein Kompromiss, der in Demokratien nötig ist, um zu politischen Lösungen zu kommen. Natürlich hätte auch ich mir gewünscht, dass insbesondere im Blick auf die Vertrauenszeit keine Änderung am ursprünglichen Entwurf des Ministeriums vorgenommen worden wäre. Aber wenn es nun einmal dieses Zugehen auf die CDU-/CSU-mitgeführten Bundesländer gebraucht hat, muss ich das auch hinnehmen und bin froh, dass die Regelsatzerhöhung pünktlich zum Jahresbeginn 2023 umgesetzt wurde und auch der Grundgedanke des Vorhabens erhalten bleibt. Denn mit dem Wegfall des Vermittlungsvorrangs wird künftig gewährleistet, dass Menschen nicht in vorübergehende Hilfsjobs abgeschoben, sondern derart weiterqualifiziert werden, dass sie möglichst schnell im ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen können. Auch die Karenzzeit wird dazu beitragen, dass sich die Jobcenter weniger stark auf die Bürokratie konzentrieren müssen, sondern mehr Zeit für die individuelle Förderung haben“, meint der 37-jährige Sozialberater Riehle. Mehr lesen

„Behinderte sind wie Nicht-Behinderte, nur etwas resilienter und kreativer!“

Davon zeigt sich der Leiter der Anlaufstelle „Beratung mit Handicap“, Dennis Riehle, in einer aktuellen Stellungnahme überzeugt: „Zweifelsohne sind wir in der Inklusion deutliche Schritte vorangekommen. Weiterhin machen uns viele Berichte von Betroffenen aber sehr deutlich, dass diese Integration auf tönernen Füßen steht, weil noch immer Unterschiede zwischen behinderten und nicht-behinderten Personen gemacht werden, wenn es denn um Leistungsfähigkeit oder Robustheit geht. Dabei stehen wir als beeinträchtigte Menschen den gesunden Mitbürgern in überhaupt nichts nach, ganz im Gegenteil“, erklärt der 37-Jährige – und betont dazu: „Blicken wir auf die Geschichte, waren es viele mehr oder weniger prominente Persönlichkeiten mit einer Einschränkung, die wichtige Impulse im intellektuellen, sozialen und wirtschaftlichen Bereich setzen konnten und unser Land ach vorne gebracht haben. Deshalb ist es nicht nötig, dass man uns mit Samthandschuhen anfasst und das Mitgefühl zu unserer Behinderung ausdrückt, denn wir sind beileibe keine bedauernswerten Kreaturen“. Mehr lesen

Beratung mit Handicap: „Geschützte Arbeitsverhältnisse müssen zügig weiterentwickelt werden“

Er fügt an: „Ursprünglich war das Vorhaben, durch die Werkstätten Menschen mit einem Handicap auf den Einstieg oder die Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten. Sie sollten ein Zwischenhalt sein, ein Sprungbrett zurück in reguläre Jobs. Tatsächlich sind sie für viele Behinderte zu einer Dauerlösung geworden und beschränken sie in der persönlichen Entfaltung ihrer Interessen, Talente und Träume der Betroffenen“, befindet der 37-Jährige. Es wäre deshalb angebracht, über eine rasche und umfassende Weiterentwicklung der WfbM nachzudenken und damit die starre Abgrenzung zwischen der geschlossenen und offenen Berufswelt für Personen mit Beeinträchtigung aufzuweichen, meint Sozialberater Dennis Riehle, und fügt an: „Die Behindertenkonvention gebietet eine Reform!“. Mehr lesen