Behindertentestamente sollten rechtliche Verbindlichkeit bekommen
Insbesondere für junge Erben, die voraussichtlich dauerhaft auf soziale Unterstützung angewiesen sind, bedeutet dies oftmals den kompletten Verlust des Erbes. Denn das Schonvermögen ist gering und der Einsatz der überwiegenden Mehrheit des geerbten Geldes ist erforderlich, ehe staatliche Leistungen fließen. Der Leiter der „Beratung mit Handicap“, Dennis Riehle, spricht in diesem Zusammenhang von einer faktischen Enterbung des behinderten Menschen: „Nachdem der Betroffene fortwährende Ausgaben hat, wird er nicht selten sein komplettes Erbe aufbringen müssen, bevor Sozial- und Integrationsamt einspringen werden. Am Ende bleibt also nichts vom Geerbten übrig. Stattdessen muss der Familienangehörige mit Handicap über die Jahre nahezu die sämtliche Erbmasse aufbrauchen. Er hat damit keinerlei Vorteil vom Erbe und wird deshalb gegenüber einem gesunden Menschen in gleicher Position eindeutig benachteiligt“, so Riehle
Daher hat der Bundesgerichtshof unter bestimmten Umständen die Möglichkeit eines sogenannten „Behindertentestaments“ geschaffen, das bisher aber keine gesetzliche Grundlage besitzt und deshalb nicht unbedingt eine rechtliche Verbindlichkeit hat. Ein Behindertentestament kann verfasst werden, wenn mindestens ein für das Erbe in Frage kommender Angehöriger behindert ist und mehr als den Pflichtteil erhalten soll. Dann kann festgelegt werden, dass diese Person bis zu einem gewissen Maße vor dem Zugriff der Sozialämter geschützt wird und damit nicht das vollständige Erbe für Pflege, Betreuung und betreutes Wohnen ausgeben muss. Weitere Voraussetzungen für die Anerkennung dieser speziellen Form des Testaments ist die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers, der nicht gleichzeitig rechtlicher Betreuer des behinderten Menschen sein darf. Schließlich soll Letzterer die Umsetzung des Testamentswillens entsprechend kontrollieren und kann daher nicht mit dem Vollstreckenden identisch sein.
Der Umstand, dass für ein gültiges Behindertentestament das Familienmitglied mit Handicap als „Vorerbe“ eingesetzt werden müsse, welcher das Vermögen für die „Nacherben“ – also die restlichen, nicht-behinderten Angehörigen – zu bewahren habe, zeigt laut Riehle den legislativen Handlungsbedarf der Politik: „Es ist nicht Aufgabe und Funktion eines behinderten Erben, als Schutzpatron des Erbes für seinen nicht beeinträchtigten Bruder oder Schwester einzutreten. Am Ende bleiben dem behinderten Vorerben dann ja doch keine eigenen Ansprüche und Verfügungsgewalt über das Erbe. Stattdessen nimmt er lediglich die Position eines Erbverwalters ein, solange das Vermögen keine Erträge abwirft, die er verwenden kann. Insofern braucht es hier durch den Gesetzgeber eine ganz klare Stärkung des behinderten Erben, damit er vom übertragenen Geld selbst etwas hat. Behindertentestamente müssen zu einer verlässlichen Option für vererbende Angehörige von behinderten Familienmitgliedern werden. Denn Menschen mit Handicap haben einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Eigenbestimmung, welcher nur verwirklicht werden kann, wenn weder Ämter, noch Miterben Zugriffsrechte auf ein für die gehandicapte Person bestimmte Vermögen haben, die rechtssicher vererbt werden sollen“, führt Riehle abschließend aus.
Die Beratung mit Handicap ist für jeden Hilfesuchenden kostenlos unter www.beratung-riehle.de erreichbar.
Hinweis: Diese Pressemitteilung darf – auch auszugsweise – unter Wahrung des Sinngehalts und Erwähnung des Urhebers verwendet werden.
Ehrenamtliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Dennis Riehle
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