Behinderteninitiativen raten trotz neuer Gesetzregelung zur Patientenverfügung
Das sogenannte Not- und Ehegattenvertretungsrecht ermöglicht es seit diesem Jahr, dass Ehepartner und Partner in einer eingetragenen Lebensgemeinschaft im Falle dessen, dass eine medizinische Situation eintritt, in der das Gegenüber nicht mehr selbst formulieren kann, welche Maßnahmen der ärztlichen Intervention gewünscht werden, auch dann über die Versorgung des nicht einwilligungsfähigen Partners entscheiden kann, wenn keine Patientenverfügung vorliegt. Allerdings gelte dies nur für einen Zeitraum von sechs Monaten, unterstreicht der Sozialberater der Anlaufstelle „Beratung mit Handicap“ und des Vereins „Humanitas Müritz e.V.“, Dennis Riehle (Konstanz), in einer aktuellen Stellungnahme. Dauert also ein Notzustand, beispielsweise in Form eines Komas, länger als ein halbes Jahr an, gilt ab dem Moment die Vertretungsregelung nicht mehr.
Zudem gebe es weitere Fallstricke, wie auch „Humanitas“-Vorsitzender Klaus Heidrich erklärt: „Nicht immer weiß der Partner über die konkreten Wünsche des Anderen“. Zudem gelte die Regelung ausschließlich für konkret medizinische Belange und nicht für darüber hinausgehende Lebensbereiche. Daher sei es empfehlenswert, auch weiterhin die nötigen Unterlagen wie Betreuungs- und Vorsorgevollmacht auszufüllen – und das vor allem frühzeitig. „Gerade junge Menschen schieben diese Aufgabe lange vor sich her, weil sie meinen, die Verfügungen seien nur im späteren Alter entscheidend. Dabei können Unfälle, Herzinfarkte, Schlaganfälle und andere plötzliche Krankheitsereignisse, die im schlechtesten Fall dazu führen, sich nicht mehr mitteilen zu können, prinzipiell bei jedem von uns täglich eintreten“, erläutert Dennis Riehle. Der Berater ermutigt daher, auch künftig Patientenverfügungen zu verfassen: „Dort kann bis ins Detail genau geregelt und fest niedergeschrieben werden, was in solch einem Augenblick konkret geschehen soll. Das gibt Sicherheit für alle Seiten!“.
Zwar drückten sich viele Menschen auch aus Sorge, wie man solch ein Dokument richtig erstellt, vor dessen Anfertigung. Riehle nimmt hierbei aber die Angst: „Zwar sollten keine Vordrucke zur Hilfe genommen werden, aber Textbausteine gibt es vielerorts zu finden, aus denen man die individuelle Verfügung zusammenstellen kann und detailliert auf persönliche Belange und Ansprüche eingeht. Wer ganz sicher sein will, lässt sie vom Notar erstellen, von Hausarzt gegenlesen oder dann auch dort verwahren. Das ist kein Muss, kann aber einige Verunsicherung nehmen. Letztendlich ist es sehr hilfreich, möglichst ausführlich und verschiedene Eventualitäten abdeckend zu schreiben. Gleichzeitig sollte die Verfügung aber verständlich und übersichtlich sein, damit sie im Notfall schnell überblickt werden kann“, befindet Berater Dennis Riehle. „Natürlich befassen wir uns mit solchen Themen ungern, weil wir dann auch ethische Entscheidungen für unser eigenes Leben treffen und für Momente vorsorgen müssen, die keiner erfahren will. Denken wir aber bei all dem immer an die Angehörigen und Partner, denen wir präventiv Verantwortung abnehmen können“, so Riehle und Heidrich abschließend.
Die kostenlose Sozialberatung der beiden Behinderteninitiative unterstützt auch bei der Verfassung von Vollmachten und Verfügungen und ist bundesweit über www.beratung-mit-handicap.de erreichbar.
Hinweis: Diese Pressemitteilung darf – auch auszugsweise – unter Wahrung des Sinngehalts und Erwähnung des Urhebers verwendet werden.
Ehrenamtliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Dennis Riehle
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